Augen auf – was passiert hier…? (Teil II)

„Nachts, wenn alles schläft ….“

Das 3. Thema hat mich persönlich sehr berührt, weil es sich in diesem Fall um eine Institution handelt, die ich persönlich mein ganzes Leben lang als wirklich ehrwürdige Einrichtung angesehen habe. Und ich mag es, wenn es feste Institutionen gibt, in die man sein Vertrauen setzen kann. Die sind ohnehin schon rar genug gesät. Es handelt sich um die Ev. Stiftung Bethel – im Kontraste-Beitrag sehr passend als „Skandal an einer Vorzeige-Klinik“ bezeichnet. Kurze Zusammenfassung der Fakten: Einer Patientin wurde in einer Bethel Klinik nachts von einem Arzt ein Zugang gelegt und ein Medikament verabreicht. Am nächsten Morgen fand sie ein Fläschchen des als „KO-Tropfen“ bekannten Narkotikums in ihrem Bett. Sie meldete den Vorgang, weil ihr das alles merkwürdig erschien. Es kam zu weiteren sonderbaren Vorkommnissen dieser Art, aber die Meldungen blieben ohne jegliche Konsequenzen.

Ca. 80 Videos liegen als Beweis vor

Schlussendlich kam heraus, dass ein Arzt über einen längeren Zeitraum mit dieser Vorgehensweise diverse Patientinnen vergewaltigt hat. Es wurden ca. 80 Videos bei ihm gefunden, da er seine Opfer und sich bei seinen Taten gefilmt hat. Der Täter hat sich zwischenzeitlich selber das Leben genommen.

Klinikleitung sollte Verantwortung übernehmen

Mir bereitet es Kopfzerbrechen, warum diese gemeldeten Vorfälle nicht weiter verfolgt wurden. Es ist mir auch unbegreiflich, dass die Klinikleitung nicht wirklich die Verantwortung dafür übernimmt, dass diese Taten über einen längeren Zeitraum in ihren „heiligen Räumen“ stattfinden konnten. Die Ev. Stiftung Bethel steht für soviel Gutes, für christliche Werte, für herausragende medizinische Erfolge etc. etc.. Es gehört allerdings für mich untrennbar dazu, dass Patienten in der Obhut einer Klinik nicht willenlos gemacht und vergewaltigt werden. Aus aktuellem Anlass dazu noch eine ergänzende Information: Es steht der Verdacht im Raum, dass es zu ähnlichen Vorfällen im St.-Elisabeth-Hospital in Gütersloh gekommen sein soll.  

Gefahr, dass Generalverdacht entstehen könnte

Allein die Dopplung der Vergewaltigungsvorwürfe durch Ärzte in 2 Kliniken in direkten Nachbarstädten wird sicherlich in vielen Frauen eine große Verunsicherung auslösen. Darüber hinaus entsteht ein „Generalverdacht“, der ganz sicher für KEIN gutes Sicherheitsgefühl bei Patientinnen sorgt.

Verlust des Sicherheitsbedürfnisses während eines Klinikaufenthaltes

Außerdem verhält es sich so, dass die Opfer der Vergewaltigungen nicht darüber informiert werden, dass sie zu den Betroffenen gehören – weder von der Polizei noch von der Staatsanwaltschaft. Hier wird das Recht des (toten) Täters über das Recht der Opfer gestellt, die aber mit ihren Erfahrungen oder Vermutungen weiterleben müssen. Eine Expertin erläuterte in dem Beitrag dazu, dass auch unbewusst erlebte Vergewaltigungen Trauma-ähnliche Auswirkungen auf das Leben dieser Frauen haben können oder werden. Man beraubt also die Frauen der Aufarbeitung der traumatischen Erfahrungen und zerstört damit ganze Teile ihres Lebens.

Vergewaltigungsopfer brauchen Unterstützung und Verständnis

Wie viele Frauen mögen sich jetzt Gedanken darüber machen, warum es ihnen nicht gut geht oder ähnliches und werden darauf keine Antwort erhalten. Obwohl ich nicht selber betroffen bin, kann ich mich zumindest ansatzweise in die Situation der weiblichen Opfer hineinversetzen und finde das einfach nur schrecklich.

Gesetze können geändert oder angepasst werden

Es geht mir nicht um die juristische Bewertung, sondern um die Beurteilung mit klarem Menschenverstand und „normalem“ Gerechtigkeitsempfinden. Dann müssen eben manche Gesetze neu überdacht werden! Außerdem bin ich davon überzeugt, dass die Auslegung der Gesetze auch anderen Handlungsspielraum zulassen würden. Vielmehr lässt dieser Tatbestand eher vermuten, dass sowohl die Staatsanwaltschaft wie auch die Polizei andere Prioritäten setzen, wen sie schützen wollen oder nicht.

Bleiben Frauen die Schwächeren?

In diesem Zusammenhang erschüttert mich noch eine weitere Schlussfolgerung: Es sind in der Mehrzahl Frauen, die vergewaltigt werden. Damit wird das Bild, dass Frauen die „Schwächeren“ sind, weiter vertieft, was dadurch deutlich wird, dass ihre Anzeigen nicht ernst genommen wurden. Ich verstehe auch die Krankenschwestern nicht, die zuerst informiert wurden, dass sie diesen Verdachtsäußerungen keine Bedeutung beigemessen haben. Lässt das vermuten, dass auch sie durch ihren Status in der Klinik sich den männlichen Entscheidern untergeordnet fühlen? Es haben Oberärzte und „Chefs“ bis hin zur Klinikleitung,  also ausschließlich Männer, in diesen Fällen dafür gesorgt, dass der(die) Täter über einen mehr oder weniger langen Zeitraum seine(ihre) nächtlichen Übergriffe ausüben konnte(n).   

Sicherlich muss sich Klinikpersonal mit vielen merkwürdigen, menschlichen Abstrusitäten auseinandersetzen. Trotzdem leuchtet mir nicht ein, warum es möglich war, dass diese Taten so lange unentdeckt blieben und kein einzige /einzige Mitarbeiter*in mal 2 und 2 zusammengezählt hat. Nach meinem Dafürhalten müssten die Meldungen der Patientinnen doch bei Dienstbesprechungen erwähnt worden sein – dann hätte man Verdacht schöpfen MÜSSEN.

Bleibt die Gleichberechtigung weiterhin ein Traum?

Solange den Aussagen von Frauen nicht das zustehende Gehör geschenkt wird, sieht es offensichtlich mit der „Gleichberechtigung“ noch schlechter aus als von mir befürchtet und wird noch sehr lange Jahre weiterhin Thema bleiben müssen.

Geschichten schreibt das Leben und das ist leider nicht immer witzig. Ich musste diesen Text schreiben, weil mich das Thema zutiefst betroffen gemacht und bewegt hat. Wie ganz zu Beginn beschrieben, verbinde ich sowohl mit der Ev.-Bethel-Stiftung in Bielefeld, wie aber auch mit dem St.-Elisabeth-Hospital in Gütersloh, sehr persönliche Erfahrungen.

Blick schärfen und Augen offen halten

Und trotz der sachlichen Berichterstattung in den Medien über diese furchtbaren Vorfälle, habe ich tief in mir einen massiven Vertrauensverlust empfunden. Diese Erfahrung macht  wieder deutlich, dass wir unseren Blick geschärft halten sollten und auf all‘ das acht geben müssen, was um uns herum passiert.

Eure Claudia …. Cl.R.     

1 Kommentar

Kommentieren →

Danke liebe Claudia für diesen Bericht. Ich bin ebenfalls erschüttert!!! Mir fehlen zwar gerade die Worte für all meine Gefühle, aber ich wollte dir zumindest an dieser Stelle danken. LG, Iris

Schreibe einen Kommentar zu Iris Antworten abbrechen